Deko: Ja oder nein?
10.12.2018
Heimat

Andacht: Oasen des Glaubens

Ann-Kristin Idzik darüber,  was Deko mit einem Wunsch an die Kirche zu tun hat.

test
von Ann-Kristin Idzik

Ich schreibe heute über Dekoration. Also Deko im Haus – so gefühlt überall. Gerade jetzt ist das wieder ein großes Thema – zwischen mir und meinem Mann und zwischen mir und meinen Kindern. Mehr Deko die einen, weniger Deko und eher Unsinn der andere. Deko halt. 

Braucht man sie? 

Sie staubt zu; muss ständig weggeräumt werden, wenn man sauber machen will; sie steht im Weg; versperrt auf dem Tisch ständig Platz. Letztens bei Freunden – er zu ihr: „Tischläufer? Also ich sehe gerne den Tisch!“ Scheint ein Thema zu sein – bei vielen.

Doch ganz ohne Deko? Also quasi leer? Nackt? Steril? 

Ja, es scheiden sich die Geister an dieser Thematik und nicht zuletzt hat sie sicherlich schon viele Paare in tiefe Krisen gestürzt. Ist es doch eher so ein „Frauen-Ding“, diese Deko. 

Und doch glaube ich, dass Deko mehr ist als die Funktion sinnloser Staubfänger und Platzhalter. Deko schafft etwas, das wir in gewisser Weise Atmosphäre nennen. Gemütlichkeit. Wohlfühl-Oasen, wie uns die Werbung auch immer wieder mitteilt. Blogger nutzen diesen Trend für ihre DIYs (Do-It-Yourself-Anleitungen) und finden immer mehr Follower.

»Egal, ob Blogger, Wohnzeitschriften oder Lifestyle-Magazine – alle spielen mit im großen Spiel der Gemütlichkeit, des Wohlfühlens und der Gefühle.«

Gemütlichkeit ist manchmal auch ein gutes Buch.

Im skandinavischen Bereich gibt es sogar ein eigenes Wort dafür: „hygge“. Dieses Wort landete im vergangenen Jahr auf der Liste der Wörter des Jahres auf Platz zehn und hat nun auch einen festen Platz im Duden. Es lässt sich gar nicht so leicht übersetzen. „Gemütlichkeit“ könnte eine annähernde Übersetzung sein. Aber im eigentlichen Sinne ist es eher ein Gesamtkonzept. Man soll in guter Gemeinschaft das Schöne im Leben genießen. Und dazu gehört wahrscheinlich noch mehr als nur Gemütlichkeit: gutes Essen und Trinken, Freunde und vor allem Zeit. Quasi vom Ich zum Wir. 

Die Herausforderung liegt dann letztlich darin, all dieses Hyggelige in den Alltag einzubeziehen. Hyggelige Oasen sozusagen. Die Skandinavier machen es uns vor. Sie versuchen genau das. Nicht zuletzt wird das auch durch ihren Kerzenverbrauch deutlich: Die Dänen verbrauchen im Schnitt sechs bis acht Kilogramm Kerzen im Jahr. Wir Deutschen gerade mal zwei bis drei. Und das, obwohl wir so gerne allein schon wegen der Kerzen zum großen schwedischen Möbelhaus fahren.

Egal ob Blogger, Wohnzeitschriften oder Lifestyle-Magazine – alle spielen mit im großen Spiel der Gemütlichkeit, des Wohlfühlens und der Gefühle.

Und dann – mitten hinein in den Advent am 12.12. – platzt dieser Satz ins Tagesevangelium:

»Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich will euch Ruhe verschaffen.«

Aus dem Tagesevangelium am 12.12.2018
Mt 11, 28

Ann-Kristin Idzik
Ann-Kristin Idzik

Ja, auch mein Glaube kann und darf eine solche hyggelige Oase sein. Mein Gott will mir Ruhe verschaffen, will mich „erquicken“ – wie es sogar in der neuen Einheitsübersetzung von 2016 übersetzt wird. Einfach mal nur dasein dürfen vor Gott – mitten in den Unwegsamkeiten meines Lebens. Inmitten von Zweifeln, die mein Glaube auch kennt. Dasein dürfen ohne Worte, ohne Leistung. Dasein dürfen als geliebter Mensch, als Gottes Ebenbild. Vertrauen auf Gottes große Liebe, die er in unser Herz gelegt hat. Sich geliebt fühlen, dankbar sein.

Viele Haupt- und Ehrenamtliche innerhalb der Gemeinden und des Bistums versuchen auf ganz unterschiedlichen Wegen, diese Gedanken der Atmosphäre und Vergemeinschaftung lebendig werden zulassen.

Gemeint ist dabei nicht, die Botschaft Jesu Christi kitschig und über alle Maßen romantisch an den Mann oder an die Frau zu bringen. Und es meint auch nicht, sie auf Wohlfühl-Zitate herunter zu brechen. Nein, das alles würde sie sicherlich zu kurz fassen.

Aber sie lehrt uns, den Blick auf alles Lebendigmachende zu richten, auf das, was uns Kraft und Stärke gibt. Sie öffnet uns den Blick auf gelingendes Miteinander, auf gelebte Nächstenliebe, auf Selbstliebe. Auf Gottes Liebe. In der Botschaft liegt Gottes tiefster Wunsch an uns: Werde ganz Mensch, werde lebendig. Oder es mit den Worten von Irenäus von Lyon zu sagen: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch“. Ein weiteres Zitat des Bischofs von Lyon: „So schön wird er dich machen, dass am Ende er selbst nach dir verlangt.“ Kann man nicht besser und gestärkter in die Wirren des Alltags hinein gehen als mit dieser Zusage?

Die Suche nach Heimat: ein Lebensgefühl

Egal, ob mit viel oder wenig Deko greifen all diese vielfältigen Orte eben das große Lebensgefühl der Menschen in der heutigen Zeit auf: die Suche nach Heimat nach einem Ort, der mir als Mensch ganz persönlich etwas gibt. Nach einem Ort, der Gemeinschaft stiftet. An den ich mich auch mal geborgen zurückziehen darf – alleine sein und eben doch nicht einsam; im Gebet versunken, aber trotzdem mit einem wachen Herzen offen für die Worte in gesprochener oder musikalischer Weise; geschlossene Augen, aber doch wach für das Gespür des warmen Lichts. Gottes Botschaft mit allen Sinnen wahrnehmen – das ist Erfüllung des Herzens, das ist hyggeliger Glauben. 

Das ist mein Wunsch für die Zukunft der Kirche!

Glaube und Gemütlichkeit sind angenehm.

Mix