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22.10.2021
Miteinander

Erntedank auf jüdisch und christlich

Von Nudeln, Palmenwedeln, Zitronen und Kürbissen – #beziehungsweise

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von Benedikt Körner

Habt ihr schon gehört? Nudeln werden teurer. Weil die Hartweizenernte in Kanada deutlich schwächer ausfällt, sinkt das Angebot an Nudeln – und damit steigt der Preis. Schuld ist der Klimawandel. Dürre und Hitze haben den Hartweizen nur schlecht wachsen lassen.

Teure Spaghetti und Fusilli mögen auf den ersten Blick nicht viel mit dem jüdischen und christlichen Leben zu tun haben. Doch: Beide Religionen feiern Erntedankfeste. Sie erinnern die Gläubigen daran, dass in letzter Instanz Gott und seine Schöpfung Ursache für unser Wohlergehen sind und wir damit gut umgehen sollten.

Sukkot – das Laubhüttenfest

Fünf Tage nach dem Versöhnungsfest Jom Kippur wird nach jüdischem Brauch Sukkot gefeiert. In diesem Jahr war das vom 20. bis 27. September. Das Fest ist eine Verbindung zwischen Erntedank und Erinnerung an den Auszug aus Ägypten. Kennzeichnend für Sukkot im Herbst ist die Sukkah, eine Laubhütte. Im Deutschen wird Sukkot auch als Laubhüttenfest bezeichnet.

Die Hütte, übrigens so mit Zweigen bedeckt, dass man noch das nächtliche Sternenlicht sehen kann, soll an die Hektik und Beschwernisse beim Auszug aus Ägypten und der folgenden Wüstenwanderung erinnern. Während der sieben Tage des Festes soll das Leben vorrangig in diesen Hütten stattfinden. Als Zeichen des Erntedanks wird für die Gottesdienste eine Art Strauß mit vier typischen Gewächsen Israels gebunden: Palmzweig, Myrtenzweig und Weidenzweig. Zusätzlich wird in der linken Hand die Zitrusfrucht Etrog gehalten. Grundlage für das Fest ist Levitikus 23,39:

»Am fünfzehnten Tag des siebten Monats, wenn ihr den Ertrag des Landes erntet, feiert sieben Tage lang das Fest des Herrn! Am ersten und am achten Tag ist Ruhetag. Am ersten Tag nehmt schöne Baumfrüchte, Palmwedel, Zweige von dicht belaubten Bäumen und von Bachweiden und seid sieben Tage lang vor dem Herrn, eurem Gott, fröhlich.«

Zitrone

Erntedank auf christlich

Das christliche Erntedankfest kann nicht auf eine solche Historie zurückblicken. Es ist nirgends festgeschrieben, sondern hat sich erst vor ein paar Jahrhunderten entwickelt. Im deutschen Raum sind zur Erntezeit im Herbst die Kirchen entsprechend geschmückt. Kürbisse, Äpfel, Walnüsse und Zuckerrüben werden kunstvoll drapiert. Auch hier wird für die Ernte und die Schöpfung gedankt. Anders in den USA und Kanada: Dort wird ausgiebig Thanksgiving gefeiert. Das Fest trägt viele Elemente und Bezüge zur europäischen Besiedlung in sich und ist damit schon fast eher ein politisches Fest.

Womit wir wieder beim kanadischen Hartweizen sind. Uns als Christen und Christinnen sollte nicht nur der Dank an Gott für die Ernte wichtig sein. Wenn wir den Auftrag Gottes ernst nehmen, seine Schöpfung „zu bewahren und zu hüten“ (Gen 2,15), müssen wir auch dafür sorgen, dass mit der Schöpfung sorgsam umgegangen wird. Diesen Ansatz teilen wir mit vielen Religionen, nicht nur mit dem Judentum, sondern auch mit dem Islam, dem Buddhismus oder hinduistischen Traditionen.

Erst Anfang Oktober hat Papst Franziskus gemeinsam mit Vertretern und Vertreterinnen der großen Weltreligionen einen ersten gemeinsamen Klima-Apell ausgerufen. Mit der Forderung des 1,5 Grad-Ziels, einer deutlichen CO2-Reduktion und weiteren Forderungen liegt dieser Klima-Apell auf einer Linie mit denen von Fridays for Future. Auch unsere Kirche mischt mit: Neben Organisationen wie Christians for Future und Churches for Future versucht auch das Erzbistum Paderborn durch vielfältige Angebote, möglichst klimagerecht und klimaneutral zu werden.

Vielleicht leben wir dann bald in einer grüneren und besseren Welt. Nicht nur, weil es dann wieder günstigere Nudeln gibt.

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