Wenn Ängste im Alltag zur Belastung werden
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Artikel schreiben soll. Ob ich so viel von mir preisgeben kann. Von meiner Angst. Ich meine: Wer zeigt schon gern Schwäche?
Ich habe mich schließlich dafür entschieden. Weil ich selbst schon die Erfahrung gemacht habe, dass es gut tut , wenn ich weiß, dass ich mit meinen Sorgen und Nöten nicht allein bin. Wenn ich weiß, dass es anderen damit ähnlich geht. Ich weiß nicht, welche Erfahrungen du schon mit diesem Thema gemacht hast, aber vielleicht hilft es dir, wenn ich darüber spreche.
Für mich gehört Angst zum Alltag. Ich leide in unregelmäßigen Abständen unter Panikattacken, die mich mitunter lähmen. Dabei sind es oft schon kleine Dinge, die mich völlig aus dem Konzept bringen können. Das kann damit anfangen, dass ich das Gefühl habe, die Kontrolle zu verlieren. Wenn ich zum Beispiel in einen Fahrstuhl steige und weiß, dass ich mein Leben für die nächsten dreißig Sekunden einem Gerät anvertraue, von dem ich eben nicht weiß, ob ich ihm vertrauen kann. Ganz banale Dinge also. Dinge, die in anderen Menschen kein Angstgefühl auslösen.
Um zu erklären, was Angst für mich bedeutet, muss ich ein paar Jahre zurückgehen. Ich war zehn Jahre alt, als ich mit ein paar Freunden auf dem Spielplatz war. Die Spielgeräte waren schon etwas in die Jahre gekommen.
Von einer verrosteten Schaukel hatte sich etwas Rost gelöst, der mir, die gerade darunter gespielt hat, auf die Netzhaut gefallen ist. Ich musste sofort am Auge operiert werden, um diesen Splitter zu entfernen. Ein kleiner und harmloser Eingriff. Eigentlich.
Für mich als Zehnjährige hat er aber bedeutet, dass ich von da an fast schon panische Angst davor hatte, dass mir so etwas wieder passiert. Mit dem Ergebnis, dass ich mich überhaupt nicht mehr auf Spielplätze getraut habe. Oder dorthin, wo sich Metall ist. Unter Lampen zu stehen: unmöglich.
Selbstverständlich kann ich diese Bedrohung heute aus der Perspektive einer Erwachsenen realistisch einschätzen. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass mich dieses Ereignis von damals in einer Weise geprägt hat, wie sie mitverantwortlich für meine gegenwärtigen Panikattacken ist.
Neben den eingangs erwähnten Umständen, in denen ich das Gefühl habe, die Kontrolle zu verlieren, lösen vor allem Situationen, die ich als Bedrohung für meine Gesundheit empfinde, solche Panikakttacken aus.
Jeder kennt es. Man entdeckt etwas an seinem Körper, das ungewöhnlich ist. Oder das gestern noch nicht da war. Vielleicht macht man sich Sorgen und geht zum Arzt. Vielleicht aber auch nicht.
Bei mir haben diese ungewöhnlichen Veränderungen die Macht, mich regelrecht zu lähmen. In den Tagen oder auch Stunden bis zum Arztbesuch, der selbstverständlich folgt, fällt es mir sehr schwer, diese Angst auszublenden. Zwar bin ich glücklicherweise in der Lage, meinen Alltag ganz normal zu bewerkstelligen. Dennoch kreisen meine Gedanken in einem hohen Maße um diese Bedrohung.
Ja, ist klar, Wikipedia ist nicht die seriöseste aller Quellen. Aber ab und zu lohnt sich mal ein Blick. Zumindest in diesem Fall finde ich die Darstellung zum Thema Angst ziemlich gut auf den Punkt gebracht.
Angst wird dort als ein Grundgefühl beschrieben, das sich in als bedrohlich empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äußert. Auslöser können dabei erwartete Bedrohungen, etwa der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein.
Und im Grunde werden damit schon die beiden wesentlichen Punkte herausgestellt.
Angst ist ein Grundgefühl
Jeder von uns kann Angst empfinden. Und empfindet sie auch. Wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen.
Auslöser der Angst sind erwartete Bedrohungen
Angst äußert sich dann, wenn wir uns unsicher fühlen. Wenn uns etwas sprichwörtlich aus dem Konzept bringt, das wir als Bedrohung empfinden. Sei es für unsere Gesundheit, unsere Existenz oder Sonstiges, was uns in irgendeiner Form bestimmt.
Was aber, wenn wir auch Dinge als Bedrohung empfinden, die nach allgemeiner Auffassung nicht als Bedrohung gelten?
Oder weiter gedacht, auch objektiv keine solche darstellen? Dann kann die Angst selbst zu einem Problem werden. Oder wie es Wikipedia ausdrückt: Krankhaft übersteigerte oder nicht rational begründbare Angst wird als Angststörung bezeichnet.
Zuerst einmal ist Angst etwas ganz Natürliches. Der Körper hat es so eingerichtet, dass wir Angst empfinden, wenn wir, wie in der oben genannten Definition, eine Bedrohung empfinden. Aus dem ganz einfachen Grund: Um uns vor dieser Bedrohung zu schützen.
Wenn ich Angst habe von einer hohen Klippe ins Meer zu springen, dann ist das absolut berechtigt. Mein Verstand hindert mich daran, wirklich von dieser Klippe zu springen, weil das wahrscheinlich meinen Tod bedeuten würde.
Oder wenn ich Angst davor habe, nachts durch eine einsame Gegend zu laufen. In diesem Fall schützt mich meine Angst davor, dort vielleicht überfallen zu werden. Angst, vielmehr meine natürliche Vorsicht, ist von dieser Sichtweise aus betrachtet, sogar etwas ausgesprochen Positives. Denn sie hindert mich daran, mich womöglich unnötiger Weise in Gefahr zu bringen.
Was aber, wenn die Angst mehr tut als das? Wenn sie häufig auch in Situationen präsent ist, die eben keine natürliche oder objektive Bedrohung darstellen? Dann kann die Angst selbst zur Bedrohung werden. Oder anders gesagt: Sie kann mich in meinem Alltag sogar einschränken, anstatt mich nur zu schützen.
Eine Angststörung im medizinischen Sinne wurde bei mir nicht diagnostiziert, wofür ich einerseits sehr dankbar bin. Andererseits bedeutet das, dass ich irgendwie allein versuchen muss, mit dieser Angst in meinem Alltag klarzukommen. Wenn sie denn mal wieder an die Tür klopft.
Ich habe schon des Öfteren festgestellt, dass ich in solchen Situationen eigentlich viel zu selten in die Bibel schaue. Was schade ist, weil Jesus an vielen Stellen versucht, uns unsere Angst zu nehmen. In Vorbereitung dieses Artikels habe ich mich mal etwas eingehender mit entsprechenden Stellen auseinandergesetzt und für mich persönlich feststellen dürfen, wie gut mir das getan hat.
In Johannes 16,33 heißt es: Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
Ein kurzer Satz, von dem für mich doch eine unwahrscheinliche Kraft ausgeht. Weil er mir sagt: Ich kann es schaffen. Mit der Hilfe von Jesus bin ich in der Lage, alles zu bewerkstelligen, was mich belastet.
Man kann diesen Vers sicherlich noch auf andere Weise lesen oder verstehen. Aber für mich persönlich sagt er genau das aus. Und zu wissen, dass da jemand bei mir ist, der mich auf meinem Weg begleitet. Der da ist, wenn mich meine Angst mal wieder lähmt. Und der mir sagt: Du schaffst das, denn ich habe es auch geschafft. Das zu wissen, ist ein richtig gutes Gefühl.
Man kann diesen Vers sicherlich noch auf andere Weise lesen oder verstehen. Aber für mich persönlich sagt er genau das aus. Und zu wissen, dass da jemand bei mir ist, der mich auf meinem Weg begleitet. Der da ist, wenn mich meine Angst mal wieder lähmt. Und der mir sagt: Du schaffst das, denn ich habe es auch geschafft. Das zu wissen, ist ein richtig gutes Gefühl.
Meine Perspektive
Natürlich ist meine Angst dadurch nicht weg. Schön wär’s. Auch, wenn ich für einige Momente, Stunden oder Tage geheilt bin, reißen alte Wunden wieder auf. Neue kommen dazu. An Jesus zu glauben ist oft mehr ein Ringen, ein Hadern und Zweifeln statt schöne heile Welt. Aber an Jesus zu glauben bedeutet für mich auch, Hoffnung zu haben.
Eine Perspektive, die sich in der Auferstehung zeigt. Nach dem Tod kommt das Leben wieder zurück. Und das kann viel Kraft schenken.
Auch wenn es mir nicht leicht gefallen ist, bin ich sehr froh, diesen Artikel geschrieben zu haben. Schwäche zu zeigen ist nichts, wofür man sich schämen muss. Im Gegenteil.
Ich glaube: Wenn man zu dem steht, der man ist, damit umgehen lernt und bereit ist, sich auch anderen Menschen anzuvertrauen, kann das schon richtig heilsam sein.