Vorband im Meinungs-Konzert der Familiensynode
08.09.2015

Vorband im Meinungs-Konzert der Familiensynode

Studenten aus dem Erzbistum Paderborn verursachen großes Medienecho

Von Manuel Troike

In wenigen Wochen fängt die Uni wieder an. Tobias und Anna Roth sind trotz Semesterferien nicht wirklich erholt. Aber glücklich. Hinter den beiden Sauerländern liegt eine spannende Zeit. Sie sind nicht nur gerade umgezogen, sondern haben ein großes Medienecho mit einer Studie zur Familiensynode verursacht. Papst Franziskus lädt Bischöfe und Experten zu einer großen Konferenz im Oktober ein, um über Familie, Ehe und Partnerschaft zu diskutieren und Positionen für die Katholische Kirche festzulegen. Doch nicht nur die „Oberhirten“ sollen zu Wort kommen: „Wir waren fasziniert von Papst Franziskus Vorstoß, die Basis der Katholischen Kirche im Vorfeld der Bischofssynode nach ihrer Meinung zum Thema Familie zu fragen“, erzählt Tobias.

Der Fragenkatalog aus dem Vatikan umfasste 46 Fragen auf über 20 Seiten. „Für viele Gläubige waren die Fragen aber viel zu kompliziert. Es gab unseres Wissens nach nur wenige Rückmeldungen von der Basis“, erklärt Tobias. Ähnlich wie der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) erarbeiteten sie deshalb eine vereinfachte Form der Befragung – nur eben als internationale Umfrage. „Wir stellten uns der Herausforderungen und versuchten die Fragen einfacher zu formulieren. Dafür fragten wir unsere Professoren und erarbeiteten mit ihnen verständliche Formulierungen“, beschreibt Anna das Vorgehen. Über 12.000 Gläubige aus 42 Ländern, davon circa 8.000 aus Deutschland, beantworteten den Fragebogen. Noch immer landen neue Briefe mit Rückmeldungen und Dankesworten im Wäschekorb, der zwischen den Umzugskartons in ihrer gemeinsamen Wohnung steht. „Wir freuen uns, dass wir zum Konzert der Meinungen während der Familiensynode im Oktober so etwas wie die Vorband sein dürfen. Wir konnten zeigen, dass es weltweit ein großes Interesse der Gläubigen an diesem Thema gibt“, erzählt Tobias begeistert.

Tobias beim Fernsehinterview mit N24.

Die jungen Forscher waren sehr überrascht, als sie bei der ersten Auswertung feststellten, dass es keine großen Unterschiede zwischen den Generationen gab. „Nur bei den Fragen zur Homosexualität und zum vorehelichen Zusammenleben waren die älteren Teilnehmer etwas verhaltener“, erklärt Tobias die Ergebnisse. „Über 80 Prozent der deutschen Studienteilnehmer befürworten ein ‚probeweises‘ Zusammenleben vor der Ehe.“ In der Frage nach der Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften fanden sie heraus, dass diese von 14- bis 30-jährigen Teilnehmern deutlicher gefordert wird , als von anderen Altersgruppen. In Südeuropa, Brasilien und Nordamerika lehnen die meisten Teilnehmer diese Anerkennung jedoch klar ab und sprechen sich gegen eine Öffnung der Ehe oder eine Segnungsfeier für homosexuelle Paare aus.

Tobias und Anna studieren an der Universität Münster Katholische Theologie und Sozialwissenschaften. Tobias steht kurz vor seinem Bachelor-Abschluss. Er hat seine Wurzeln in der Jungen Kirche „light my fire“ in Meschede. Vor zehn Jahren ließ er sich von der tollen Atmosphäre begeistern und spielte bis zu seinem Abitur Saxophon in der Band der Jugendkirche. „Ohne ‚light my fire‘ gäbe es die Studie in dieser Form nicht“, stellt er fest. „Die Spiritualität der Jungen Kirche hat mich zum Theologiestudium geführt. Außerdem konnte ich ganz praktisch lernen, wie man Projekte organisiert. Das hat uns sehr geholfen.“ Auch Anna kommt aus dem Sauerland, besuchte das Gymnasium Petrinum in Brilon und engagierte sich in der Jugendkirche in Gudenhagen.

Tobias und Anna im Hafen von Cádiz.

Von Deutschland aus koordiniert wurde die Forschungsreise von der Dortmunderin Sarah Delere, die an der Freien Universität Berlin Katholische Theologie, Politikwissenschaft und Geschichte studiert. Sarah telefonierte mit Gemeinden und Bischöfen rund um die Welt und sorgte so dafür, dass Anna und Tobias viele Gelegenheiten hatten, die Gläubigen vor Ort zu treffen. Die Forschungsreise über das Stipendiatenprogramm „Semester auf See“ der „University of Virginia“ führte das junge Ehepaar Roth mit dem Schiff in viele Hafenstädte Europas, Nordafrikas, Latein- und Nordamerikas. „Viele Menschen, die wir getroffen haben, waren sehr glücklich darüber, dass wir ihre Meinung wissen wollten. Es war unser Ziel, zuzuhören und alles gesammelt nach Rom weiterzugeben“, schildert Anna ihre Erfahrungen.

Zu Weihnachten waren Tobias und Anna mal wieder in der Heimat. Bei der Jugendinitiative NEW GROUND in Meschede haben sie ihr Projekt beispielsweise spontan im Weihnachtsgottesdienst im Stall vorgestellt und auch in der Franziskus-Gemeinde in Dortmund konnten sie die Gottesdienstbesucher für ihren Fragebogen begeistern.

Tobias und Anna bei der Presskonferenz in Berlin.

Den Höhepunkt ihres Projektes erlebten die drei 24-jährigen Studenten aber bei einer Pressekonferenz in Berlin. Schon im Vorfeld meldeten sich die großen Medienagenturen. Anna war völlig überwältigt vom großen Medienecho: „Ich hätte nie gedacht, dass wir mit unserer ersten Publikation, und dann auch noch einer so speziell katholischen, in die Tagesschau und auf die Titelseite der Süddeutschen Zeitung kommen.“

Wie es jetzt weitergeht? Das weiß noch niemand. „Wie die Bischöfe mit den Ergebnissen umgehen, liegt nicht mehr in unserer Hand“, erzählt Tobias. „Jetzt studieren wir erstmal wieder normal weiter. Ich muss ja meinen Abschluss noch machen.“

Den kompletten wissenschaftlichen Artikel könnt ihr online in der Fachzeitschrift "Stimmen der Zeit" lesen.

Die Ergebnisse der BDKJ-Umfrage findet ihr auf der Homepage des BDKJ-Bundesverbandes.

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