22.07.2019
Holy hero

Maria Magdalena

YOUPAX-Autorin Miriam erklärt, warum ihre Namenspatronin eine Botschafterin des Lebens ist.
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Von Miriam Pawlak
Am 22. Juli ist das Fest der heiligen Maria Magdalena – Mein Namenstag – Juhu! Ich heiße aber doch gar nicht Maria? Es ist so: Der im biblischen Griechisch bezeugte Name „Mariam“, ist die vom Hebräischen abgeleitete Form von Miriam, der wiederum steht für den weit verbreiteten Namen „Maria“. Der Beiname „Magdalena“ geht auf die Herkunft „Magdala“ zurück.

Wer ist diese Frau, die die meisten mit einer verführerischen Prostituierten assoziieren?

Während die biblischen Befunde zu der Frau aus dem Fischerdorf Magdala ziemlich dürftig sind und sich nur auf den wichtigsten Informationsgehalt beschränken, hat Papst Gregor der Große (6. Jh.) eine fantasievolle Predigtreihe zu Maria entworfen. Er vermischte einfach alle Bibelstellen, in der Sünderinnen vorkamen mit den Aussagen zu Maria Magdalena, so dass sie in ein schlechtes Bild rückte und nur noch als Sünderin und Büßerin betrachtet wurde.

Es gibt ein apokryphes (d.h. nicht in den biblischen Kanon aufgenommenes) Evangelium, das nach ihr benannt wurde. Darin wird berichtet, dass sie sogar von Petrus über ihr Ansehen im Kreise der Jüngerschaft beneidet wurde. Wie und wo genau sich das Leben von Maria abspielte, wann sie wo verstorben ist und begraben wurde, das kann heute kaum noch präzise rekonstruiert werden. Einer Legende zufolge soll sie die letzten Jahre ihres Lebens als Einsiedlerin in einer Höhle verbracht haben. Es ist aber auffällig, dass im Zuge der Reliquienverehrung im Mittelalter die Gebeine der Heiligen in Frankreich verehrt wurden. Das kleine Dorf Vézelay in Burgund verehrt sie bis heute, auch wenn es damals einen regelrechten Streit darum gab, wer denn die „echten“ Gebeine hat. Aix-en-Provence, ein Ort in Südfrankreich, beanspruchte, diese zu haben. Trotzdem kommen jedes Jahr zahlreiche Pilger in die Basilika Sainte Marie Madeleine (Vézelay), die mitten auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela liegt.

Schon der bedeutende Kirchenlehrer Thomas von Aquin würdigte sie als »Apostelin der Apostel«. 2016 verlieh Papst Franziskus ihr den Ehrentitel offiziell und erhob den gebotenen Feiertag im Heiligenkalender zum Fest. So wurde ihr, zumindest liturgisch, der gleiche Rang wie den übrigen Aposteln zuteil.

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter (...) und Maria von Magdala. Joh 19, 25
Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter (...) und Maria von Magdala.
Joh 19, 25
Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin sie ihn gelegt haben. Joh 20, 13
Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin sie ihn gelegt haben.
Joh 20, 13
Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater... Joh 20, 17
Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater...
Joh 20, 17

Die Frau, die Jesus liebte

Bei allem was wir über Maria Magdalena wissen, und meinen wissen zu wollen – egal ob Sie eine Sünderin war (ich mein, wer ist das heute nicht), Ehebruch begangen hat oder einfach nur zu Füßen Jesu saß; ob sie mit ihm aß und trank, weinte, lachte, seine Füße salbte, ihn unterstützte, so gut sie konnte...bei allem ist eines zentral: Sie liebte Jesus und Jesus liebte sie. Sie erwies ihm einen Liebesdienst mit Vorbildcharakter.

Wenn ich mir vorstelle wie nahe sie als Jüngerin Jesu an ihm dran war und mit welcher Anerkennung er ihr begegnete, wie gerne würde ich sie fragen, wie es sich anfühlte, mit Jesus zu sprechen. Wie es ist, ihm die Hand zu reichen, was sie in ihrem Herzen verspürte, wenn sie ihm die Wange küsste und er ihr Gesicht in seine Hände nahm? Wie fühlte es sich an, von seinem Blick angesehen zu werden? Wie waren seine Hände? Warm, weich oder rau?
Wenn ich von solch einer intimen Freundschaft ausgehen darf, dann lässt sich erahnen was es bedeuten kann, bis unter das Kreuz zu folgen. Intimität meint hier nicht Sexualität, sondern bedingungslose gegenseitige Anerkennung in Freiheit und entschiedener Liebe. Keiner anderen Frau, außer der Mutter Jesu, kommt eine solche Ehre zuteil, wie Maria aus Magdala.

Aber der Weg zum Osterglauben war sicher nicht leicht für sie. Das zeigt das Evangelium nach Johannes (Joh 20, 11-18) sehr schön: Obwohl sie zum engsten Kreis Jesu gehörte, war sie zunächst blind und erkannte ihren Meister nicht, als sie ihn am geöffneten Grab suchte. Sie weinte am leeren Grab, als Jesus sie ansprach, doch sie hielt ihn für den Gärtner. Doch dann sagte dieselbe Stimme: »Maria« - Ab dem Moment ist nichts mehr umkehrbar – eine Sekunde, ein Herzschlag - »Rabbuni« - ER lebt! Unglaublich und doch wahr! Eben noch füllte sie duftendes Salböl in ihr Gefäß, um ihrem Herrn auch nach dem Tod treu zu bleiben und sich um ihn zu kümmern, wie zu seinen Lebzeiten und dann ist er es selbst, der plötzlich vor ihr steht – ER lebt! Aus spontanem Reflex heraus, könnte sie ihn am liebsten umarmen und in der Sekunde, in der sie den Krug mit Öl fallen lässt, um nach Jesus zu greifen, ihn festzuhalten – wird es ihr verwehrt. Es geht noch nicht, schließlich ist Jesus noch im Transformationsprozess – noch ist es nicht so weit – noch kann sie ihn nicht berühren – aber bald – wenn der Auferstehende zum Auferstandenen geworden sein wird. Aus Respekt, Ehrfurcht und tiefer Liebe zu Jesus, kann sie die Geduld aufbringen, ihn nicht zu berühren. Stattdessen erfüllt sie den Sendungsauftrag, den Jesus ihr aufgetragen hatte. In großer Freude kann sie es herausschreien: »Ich habe den Herrn gesehen!« So übermittelte sie den Jüngern die Botschaft des Lebens, die uns heute Zuversicht, Hoffnung und Glückseligkeit verheißt.

So sein wie sie

Ich lerne durch Maria Magdalena, neben der Hoffnung auf ein neues Leben bei Gott auch den Schmerz von einer ganz anderen Seite kennen. Ich lerne, dass das Verweilen und Verarbeiten von Trauer und Leid genauso wichtig ist, wie die Aussprache. Ich lerne aber auch, dass das, woran ich mein Herz hänge, mir die Luft zum Atmen rauben kann.
Sich in Mitleidenschaft ziehen zu lassen. Das Herz regieren zu lassen. Raum für die Scherben des Lebens zu geben, damit die Freude danach umso größer, umso intensiver und umso ergreifender ist. Das ist anstrengend. Aber das bedeutet Verwandlung. Nur der Glaube kann das.
Manchmal wünsche ich mir eine Maria Magdalena an meiner Seite, die mich daran erinnert, dass wir Menschen trotz aller Fehler und Schwächen unbedingt gewollt und erwünscht sind. Die mir immer wieder sagt, dass jeder und jede Einzelne von uns, ein geliebtes Kind des einen Vaters ist, der seinen durchbohrten Sohn als einzigartigen Liebeserweis geschenkt hat, ja sich selbst verschenkt hat. 

...Und wenn ich so überlege, dann habe ich doch schon solche Menschen um mich herum, die ein bisschen so sind wie die Frau aus Magdala. Die mir die Hand reichen, wenn ich gefallen bin. Die in schwierigen Zeiten mit mir ausharren. Die mir aber auch die Freiheit lassen, so zu sein, wie ich bin. Ich wünsche uns allen, dass wir beflügelt durch den Heiligen Geist und ausgestattet mit der Waffe der Liebe den Mut erlangen werden, den die Magdalenerin uns vorgelebt hat: Nämlich im Vertrauen auf Gott zu leben, wie es kommt. Ich wünsche uns das von Herzen: so ausdauernd, treu und liebend zu sein wie Maria Magdalena unter dem Kreuz und so beflügelt, befreit und fröhlich zu sein wie Maria Magdalena bei der Auferstehung.

Maria Magdalena, die Frau, die Jesus sehr liebte. Sie ist eine Heldin des Glaubens.

Ich habe den Herrn gesehen. Joh 20,18
Ich habe den Herrn gesehen.
Joh 20,18

Die kürzlich erschienene Präfation (lat. Vorrede, ist ein Bestandteil des Hochgebetes in der Messe, das der Priester betet) in deutscher Sprache fasst noch einmal gut zusammen, was sie zur Heldin macht:

Denn im Garten hat er sich am Ostertag Maria Magdalena offenbart, die ihn so sehr geliebt hat, als er auf Erden lebte. 
Sie sah ihn sterben am Kreuz, sie suchte ihn im Grab, als Erste betete sie ihn an, als er von den Toten erstanden war. 
Er aber hat sie ausgezeichnet als Apostelin für die Apostel, damit die frohe Botschaft vom neuen Leben sich ausbreite bis an die Enden der Erde.

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