"Niemand hat es verdient, so zu leben!“
23.03.2015

"Niemand hat es verdient, so zu leben!“

Themenwoche zu Flüchtlingen im Kinder-Jugend-&-Kulturhaus in Finnentrop

Von Ronald Pfaff

„Man muss diesen Menschen doch helfen. Niemand hat es verdient, so zu leben!“ Die 15-jährige Monika ist empört. Sie malt ein Bild, in dem sich ihre Gefühle widerspiegeln. Sie ist ergriffen, die Themenwoche im Kinder-Jugend-&-Kulturhaus (KJK-Haus) zur Flüchtlingsthematik hat ihr Augen und Herz geöffnet. Sie will helfen, wo es ihr möglich ist.

Die Flüchtlinge standen im Mittelpunkt des Projekts „Kinder helfen Kindern“ im KJK-Haus der St.-Nepomuk-Gemeinde Finnentrop. Das Thema löste bei den Kindern und Jugendlichen nicht nur Gefühle und Gedanken, sondern auch eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Sechs Tische und mehrere Kisten mit Kleidung, Spielzeug und anderen Bedarfswaren waren mit Spenden gefüllt, die an die Vertreterinnen der Caritas-Kleiderkammer mit Stolz überreicht werden konnten.

60 neue Flüchtlinge werden erwartet

60 neue Flüchtlinge werden 2015 in Finnentrop erwartet. „Wie kann geholfen werden“, war auch eine erste Frage im KJK-Haus, wie Monika Holthöfer, pädagogische Fachkraft, erklärt. „Meine Eltern kamen aus dem Sudetenland nach Deutschland“, ist die Mitarbeiterin selbst ein Stück geprägt worden. Gemeinsam mit KJK-Leiter Michael Hunold und Praktikant Alexander Spagnolo wurde eine Themenwoche entwickelt. Mit zwei aktuellen und viel gelobten Büchern wurden die Kinder und Jugendlichen ihrem Alter gemäß sensibilisiert. „Akim rennt“ und „Ich bin Malala“ fanden Gehör und machten auf ihre Art auf die Flüchtlingsproblematik aufmerksam. Monika Holthöfer: „Die Jugendlichen hier waren sehr gerührt und hatten teils Tränen in den Augen.“

Emilia (18)  hat "Eine neue Idylle für Flüchtlinge" gemalt und hofft, dass es den Menschen in Deutschland besser geht.

Ihre Empfindungen fanden sich dann auch in den selbstgemalten Bildern der KJK-Besucher unter der Fragestellung „Wie stellst du dir das Leben von Flüchtlingen vor?“ wieder. Ein Bild zeigt Rot als Sinnbild für Feuer und Verwüstung. Davor fliehende Menschen. Emilia (18) dagegen stellte das Elend mehr in den Hintergrund. Der leise Hoffnungsschimmer der Flüchtlinge in einem Lager ist zu sehen. Ein Boot bringt frischen Fisch.

„Die Menschen haben es hier schon besser als im Krieg“, hat Peter (7) gelernt, „ich würde mich auch freuen, einen Freund unter den Kindern der Flüchtlinge zu finden.“ Peter ist begeistert. Für ihn war es ein ganz neues Thema, obwohl seine Eltern auch mal aus dem russischen Omsk nach Finnentrop gekommen waren. „Die haben alle weite Reisen hinter sich“, hat Peter gelernt und hat sich mit den Mitarbeitern im KJK-Haus auf der Landkarte angeschaut, wie weit Syrien, Serbien, Kosovo oder Ukraine „weg liegen“.

Dajana (16) ist noch nicht ganz fertig mit ihrem Bild. Sie war zu betroffen von der Thematik.

„Menschen, die wegrennen, fehlen noch“, ist das Bild von Dajana (16) noch nicht ganz fertig. Sie hat mit der Zeichnung begonnen, war aber dann so betroffen, dass sie sich erst sammeln muss. Im Radio und Fernsehen verfolgt sie spätestens seit der Themenwoche sehr intensiv, „was sich so tut“. Und sie kommt zum Schluss: „Eigentlich müsste man vor Ort viel mehr ändern!“ Auch sie kann sich gut vorstellen, sich persönlich mit Flüchtlingen zu unterhalten und Kontakte aufzubauen. „Akim rennt“ ist momentan ihre Lieblingslektüre.

Gesammelt wurde dann auch Zeitungsausschnitte, aufgeteilt in bundesweit und regional. Alles über Flüchtlinge füllte am Ende zwei Ordner. „Dadurch haben unsere Hausbesucher auch überlegt, wie sie helfen können und was sie oder ihre Eltern für die Flüchtlingskinder von Zuhause mitbringen können“, freut sich Monika Holthöfer über die Resonanz.

Internationale Küche in der Aktionswoche

Rund 60 Kinder waren in der Aktionswoche dabei. Fünf Mütter erklärten sich bereit, in dieser Woche im KJK-Haus zu kochen. Das war das i-Tüpfelchen. Jeden Tag stand ein anderes Land im kulinarischen Fokus: türkische, russische, arabische und italienische Gerichte gab es dann.
„Ängste ließen sich bei den Kindern und Jugendlichen schon raushören, aber Hetze gab es keine“, resümierte Alexander Spagnolo (21). Er ist derzeit Jahrespraktikant im KJK-Haus und braucht einen Nachweis für das Fach-Abi im sozialen Bereich. Da kam ihm, der selbst italienische Wurzeln hat, die Themenwoche sehr recht. Er führte Protokoll und kommt zum Ergebnis: „Die Jugendlichen mussten es erst verstehen. Nachdem sie aber sensibilisiert waren, waren sie mit voller Begeisterung dabei.“

Ihm selbst hat nicht nur die Organisation riesigen Spaß gemacht, sondern die Bestärkung des Themas, die durch die Hilfsbereitschaft belohnt wurde. Beeindruckt hat ihn auch eine intensive Diskussion zwischen zwei Jugendlichen. Spagnolo: „Der eine Kosovo-Albaner, der andere Serbe. Beide vertraten ihre Meinungen, doch für ihr Land in den Krieg ziehen, das wollten sie auf keinen Fall.“ 

„Hier geht es uns jetzt gut.“

„Wenn sich alle Menschen etwas offener begegnen, dann können Barrieren schnell durchbrochen werden“, zieht auch Monika Holthöfer ein positives Fazit der Themenwoche. „Gerade hier bei uns“, so ergänzt Spagnolo, „hat man gesehen, wie sich das Meinungsbild innerhalb einer Woche wandelt, wenn man sich mit dem Thema vernünftig und offen beschäftigt.“

Ein persönliches Highlight hatte Alexander Spagnolo noch für seinen Praktikumsbericht. Er hatte die Möglichkeit ein ganz offenes Gespräch mit einem Flüchtlingskind zu führen. Die Eindrücke von Krieg und Zerstörung, von Tagen ohne Essen und kaum Trinken haben den 21-Jährigen innerlich berührt. Genauso der Satz des Flüchtlingskindes: „Hier geht es uns jetzt gut.“ Für Spagnolo verstärkt sich durch solche Erlebnisse der Berufswunsch im sozialen Bereich.

Für das KJK-Haus ist nach der Aktionswoche das Engagement nicht vorbei, sondern soll nachhaltig weitergehen in Zusammenarbeit auch mit den Schulsozialdiensten. Integration ins das Freizeitleben wollen „Kinder für Kinder“ ermöglichen.

So unterschieldich wie die Schicksale der Flüchtlinge sind, so unterschieldich sind die Bilder geworden, die die Jugendlichen im KJK-Haus gemalt haben.

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