17.05.2022
Andacht

Gott - wo bist du?

Es ist Krieg in der Ukraine. Raketen zerstören, Menschen sterben. Und Gott?!

von Theresa Wagner

Bomben fallen – Panzer, Raketen, Gewehre und Granaten: So viele Filme fallen mir ein, in denen wir rückblickend an Geschehnisse der Weltkriege erinnert werden. Erinnerung, Gedenken der Opfer und Mahnung für den Frieden in unserer Welt. Das ist es, was uns auch im Laufe des Jahres immer wieder begleitet. Und genau jetzt wird mir deutlich, warum diese Rituale und Gebete für den Frieden – der doch bei uns immer so selbstverständlich erschien – keine bloße traditionelle Wiederholung, sondern absolut aktuell und notwendig sind. Denn leider zeigt die Tagesschau um 20.00 Uhr keine Erinnerung – sie zeugt von heutiger Realität.

Diese grausamen Bilder der Zerstörung kannte ich aus Geschichtsbüchern, aus historischen Filmen und auch Erzählungen meiner Großeltern – nicht aber, und darüber war ich absolut dankbar, aus den aktuellen Nachrichten des Tages zu den Geschehnissen in Europa. Schüsse ertönen tagtäglich, immer und immer wieder. Sie treffen junge Männer, Familienväter, unschuldige Menschen – und sie bringen den Tod. Kinder verlieren ihre Eltern, Eltern verlieren ihre Kinder, Menschen verlieren ihr Zuhause.
Zerstörung, Blut, Hass und Tod – Krieg. Und ich frage mich in jedem Moment, in dem ein Mensch dieser grausamen Machtgier zum Opfer fällt und in jedem Moment, der Menschen Tränen von Angst, Trauer und Wut abverlangt: Gott – Wo bist du?

Weisheit, Einsicht und ein wenig Nächstenliebe

Im Ringen von Zweifeln und Hoffen und den tausend Fragen, die nach der Erklärung für einen Krieg suchen, der nicht von Gott, sondern nur von Menschenhand begründet werden kann, kommt mir erschreckend spät der Gedanke: Sprich mit ihm. Und ja, daraufhin versuche ich immer wieder meine Gedanken in Worte zu fassen und ihm Worte wie diese zu sagen:

Herr, die Nachrichten des Tages, die verzweifelten Gesichter, der Anblick des Leids – es macht mich sprachlos und gleichzeitig ängstlich. Ich fühle mich verloren in dieser Ohnmacht. Jeden Tag suche ich die Möglichkeiten, zu helfen und jeden Tag merke ich, dass wir viel tun können, aber dennoch ohnmächtig sind, dem Leid ein schnelles Ende zu setzen. Und so bleibt die Not und ich vertraue dir all diese Menschen an – die schutzlosen Familien, die trauernden Angehörigen, die verängstigten Kinder, die kämpfenden Menschen, alle in Not. Und darüber hinaus bitte ich dich auch für die Verursacher dieses Krieges, um Weisheit, Einsicht und ein wenig Nächstenliebe. Amen.

Wo der Frieden ist

Aus diesem täglichen Gebet und dem Lesen seiner Worte in der Bibel wandelt sich ein kleines Stückchen meiner Angst. In neue Hoffnung. Neuen Mut. Denn Christus sagt:

Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. (Joh 14,27)

Darum bemühe ich mich, mein Herz nicht verzagen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass sein Frieden unter uns ist und durch uns lebendig wird. Und daraus wächst auch meine Antwort auf die Frage „Gott – wo bist du?“:

Da, wo wir uns versammeln und den Frieden in Lichtern aufleuchten lassen. Wo wir auf die Straße gehen und für den Frieden einstehen. Wo wir etwas von unseren guten Kleidungsstücken abgeben, um es jemand anderem zu schenken und wo wir uns einsetzen, dass Menschen etwas zu essen bekommen. Wo wir aus Mitgefühl sprachlos werden oder eine Träne aus Angst um die Mitmenschen vergießen.

Und dort, wo wir anderen Menschen ein Stück unseres Tages, einige Minuten unseres Lebens schenken, indem wir an sie denken, für sie beten, uns für sie einsetzen. Wo Menschen wieder ein bisschen Hoffnung, Dankbarkeit oder die Liebe Anderer spüren: Ich bin überzeugt, da ist Gott.

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